"Unsere Opfer zählen nicht" - dieser eine Satz spiegelt Kriegserfahrung und Erinnerung, Schmerz, Demütigung und Enttäuschung der Menschen
aus der sogenannten Dritten Welt, die unter dem Zweiten Weltkrieg und den Folgen litten. Dass Soldaten aus Afrika oder Asien gegen Hitler-Deutschland,
Italien oder Japan kämpften, dass die Zivilbevölkerung von den Kriegsereignissen betroffen war, dass Städte zerstört und Rohstoffe ausgebeutet wurden,
ist kaum in das Geschichtsbewusstsein der Europäer eingedrungen.
"Unser Opfer zählen nicht" - diesen Satz setzte das Rheinischen JournalistInnenbüro vor zehn Jahren als Titel über das Buch, das sich mit der "Dritten
Welt im Zweiten Weltkrieg" beschäftigt. Dieser Satz beschreibt treffend auch das deutsche Geschichtsbild. Deutschland und Japan wurden zwar besiegt, aber
als Hauptakteure des Krieges haben ihnen Wissenschaftler zahlreiche Untersuchungen gewidmet, schreibt der Historiker Kum'a Ndumbe aus Kamerun: "Wer die
Macht hat, hat das Sagen, auch in der modernen Geschichtsschreibung. Deshalb zählen weder die Taten noch die Opfer der unterdrückten und kolonialisierten
Menschen."
Um das lückenhafte Bild von der Vergangenheit anschaulich zu korrigieren, erarbeitete das Rheinische JournalistInnenbüro vor sechs Jahren die
Wanderausstellung "Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg". Die Ausstellung und das Buch basieren auf zehnjährigen Forschungen und Reisen des Rheinischen
JournalistInnenbüros. Die Ausstellung präsentiert umfangreiches Ton- und Bildmaterial, das die Menschen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien
selbst zu Wort kommen lässt.
Der siebzigste Jahrestag des Weltkriegsendes ist in ganz Deutschland Anlass für verschiedene verdienstvolle Gedenkveranstaltungen. Sie sind überwiegend
geprägt von der deutschen oder europäischen Sicht.
In Münster wird am 24. September 2015 in der Dominikanerkirche die Ausstellung "Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg" im Rahmen des Münsteraner
Friedenskulturmonats eröffnet. Sie wird begleitet von Vorträgen, Lesungen und Filmvorführungen. Sie veranschaulicht, was dieser Krieg für die Menschen in
Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien bedeutete und noch bedeutet. Der Zweite Weltkrieg war für viele Menschen eine Erfahrung von Leiden und Tod,
Zerstörung und Ausbeutung, Not und Ohnmacht. Diese traumatischen Erfahrungen leben und wirken über Generationen fort. Kenntnis und Anerkennung dieser
Geschichte sind eine Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis und für ein konstruktives und friedliches Zusammenleben in unserer globalisierten Welt.
Deshalb hoffen wir, dass diese Ausstellung das programmatische Motto des Friedenskulturmonats Wirklichkeit werden lässt: "Opfer zählen".